Wirkungsvolle Transition

Nachhaltige Anleger können etwas bewegen – und zwar nicht nur mit Investitionen in nachhaltige Technologien. Dank Engagement und Stimm­rechts­ausübung gelingt ihnen das auch bei traditionellen Firmen.

Fabio Pellizzari Leiter ESG Strategie und Entwicklung im Asset Management der Zürcher Kantonalbank

Der Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft ist ein herausfordernder Balanceakt. (Foto: iStockfoto.com)

Nachhaltige Anlagen können Wirkung zeigen. Dies hat etwa das Beispiel Holcim belegt. Der Zementkonzern gilt als grösster kotierter CO2-Emittent der Schweiz. Doch Anfang Mai 2023 hat das Unternehmen seine Klimastrategie zur Abstimmung vor­gelegt und dabei wesentliche Verbesserungen zum Vorjahr präsentiert: Gemäss der neuen Dekarbonisierungsstrategie soll bis 2050 das Netto-Null-Ziel für Treibhaus­gasemissionen erreicht werden. Gleichzeitig hat es sich die Ziele durch die Science Based Targets Initiative (SBTi) bestätigen lassen. Noch 2022 waren die Zielwerte deutlich weniger ambitioniert, weshalb über zehn Prozent der Stimmenden die Zielvorgaben nicht unterstützt hatten.

Schon seit mehreren Jahren steht auch das Asset Management der Zürcher Kantonalbank in engem Kontakt mit Holcims Führungsriege, um den Zementriesen zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen. Der jüngste Erfolg ist unter anderem auf solche Engagements zurückzuführen – und ist ein gutes Beispiel dafür, wie Investoren die Firmen zu nachhaltigerem Handeln bewegen können.

Hebel bei CO2-intensiven Firmen ansetzen

Beim nachhaltigen Investieren gibt es unterschiedliche Ansätze. Häufig werden diese mit Investitionen in möglichst nachhaltige Geschäftsmodelle sowie dem Ausschluss von kontroversen Themen gleichgesetzt. Oft vergessen geht dabei, dass mit dem Wandel eines bestehenden Geschäftsmodells in ein nachhaltiges Businessmodell meistens mehr erreicht werden kann als mit der alleinigen Unterstützung von nach­haltigen Betrieben. Denn zum einen sind einige Produkte von essenzieller Bedeu­tung, um den Wandel der Wirtschaft überhaupt vollziehen zu können. Zum anderen ist auch die globale Wirkung deutlich grösser, wenn Firmen wie Holcim ihren CO2-Ausstoss markant reduzieren. Vor diesem Hintergrund ergibt es Sinn, dass nachhaltige Anlage­gefässe auch in Titel wie ABB, Nestlé oder Holcim investieren.

Die Transition der Unternehmen ist in der Praxis sehr komplex, teuer und zeitauf­wendig. Das Beispiel von Holcim zeigt die Herausforderung: Auf der einen Seite besteht das Grundbedürfnis nach einem Dach über dem Kopf. Doch viele Häuser bestehen aus CO2-intensiven Baustoffen. Soll also ein wesentlicher Fortschritt be­züglich Nachhaltigkeit erzielt werden, braucht es die Entwicklung neuer Produkte sowie Investitionen in neue Technologien seitens des Zementherstellers.

«Responsible»- und «Sustainable»-Fonds kurz vorgestellt

Unsere aktiven Fonds der Produktlinie «Responsible» orientieren sich standardmässig am Absenkungspfad des Pariser Klimaabkommen. Das CO2e-Reduktions-Ziel in den aktiv verwalteten Responsible-Fonds mit traditionellen Anlagen beträgt mindestens vier Prozent pro Jahr. Es wird in Unternehmen und Staaten investiert, die keine Ausschlusskriterien verletzen und deren ESG-Performance wir analysiert haben. In den Responsible-Fonds berücksichtigen wir unter anderem Unternehmen, deren Ziel es ist, den Übergang von einem konventionellen hin zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell zu schaffen.

Für die Sustainable Fonds gelten dieselben Kriterien wie für die Responsible-Fonds. Zusätzlich berücksichtigen wir nur Unternehmen, deren Produkte oder Dienstleistungen einen positiven Einfluss auf mindestens ein UN-Nachhaltigkeitsziel haben (SDG Leaders) oder Unternehmen, die im Hinblick auf die ESG-Bewertung überdurchschnittlich abschneiden (ESG Leaders). Die Produktlinie «Sustainable» orientiert sich (mit Ausnahme der Themenfonds) an der ambitiösen Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad bis im Jahr 2100 und hat sich zum Ziel gesetzt, den CO2e-Ausstoss sogar um mindestens sieben Prozent pro Jahr zu senken.

Engagement und Voting für Transition

Ein entscheidender Faktor, um die nachhaltige Transition eines Unternehmens voran­zutreiben, sind gleichzeitige Investment-Stewardship-Aktivitäten, die den Dialog mit den Firmen (Engagement) und die Ausübung der Stimmrechte (Voting) umfassen. Dieses Vorgehen ist häufig zielführender, als sich aus den Titeln vollständig zurückzu­ziehen und den Dialog mit den Firmen zu verlieren – ausser ein Unternehmen stellt sich gänzlich gegen Nachhaltigkeitsbemühungen, dann wird es komplett aus dem nachhaltigen Portfolio entfernt.

Das Investment Stewardship ist ein wesentlicher Bestandteil einer Transitionsstrategie und ist im Asset Management der Zürcher Kantonalbank ein integraler Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie. Diese wird sowohl bei aktiven als auch passiven Anlage­fonds angewandt. Als drittgrösster Vermögensverwalter der Schweiz steht das Asset Management der Zürcher Kantonalbank ohnehin in einem engen Kontakt mit dem Top-Management vieler Schweizer Firmen. Deshalb werden ihre Anliegen hinsichtlich Nachhaltigkeit von den Führungskräften laufend diskutiert und in der Regel bereits abseits der öffentlichen Wahrnehmung umgesetzt. Wo keine Übereinkunft gefunden werden kann, kommt es anlässlich der Generalversammlung zum Showdown. Bis Anfang November 2023 wurde bei den verwalteten Anlagefonds in rund 15 Prozent der Traktanden gegen die Empfehlungen der Firmenleitung gestimmt.

Dieses Vorgehen kommt den Investorinnen und Investoren übrigens mehrfach zugute: So leistet Investment Stewardship einen Beitrag, potenzielle finanzielle Risiken zu reduzieren. Gleichzeitig erhöht sich die Chance für Unternehmen, nachhaltige Businessmodelle aufzubauen, was die Renditechancen mittel- bis langfristig erhöht. Am Ende profitieren alle vom Erfolg der Transition – die Gesellschaft, die Unternehmen und auch die Investoren.

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