Internationale Energieagentur zeigt Weg zur klimaneutralen Weltwirtschaft
Die Gefahren der Klimakrise werden für immer mehr Menschen und Institutionen sichtbar. Selbst die Internationale Energieagentur (IEA), bis vor kurzem mächtigster Lobbyist der Öl- und Gasindustrie, hat die Zeichen der Zeit erkannt.
Text: Dr. Gerhard Wagner
Im Jahr 2021 häufen sich die Wetterextreme. Im Februar schneite es heftig im Nahen Osten. In Jerusalem lag Schnee auf der Kuppel des Felsendoms und die Kinder Israels konnten Schneemänner bauen. Im Juli kamen in Deutschland durch eine Flutkatastrophe mehr als 150 Menschen ums Leben und in Nordamerika, Russland und den Mittelmeerländern führten extreme Temperaturen von über 40°Celsius zu riesigen Waldbränden. Obwohl sich nicht jedes einzelne dieser Wetterphänome unmittelbar kausal auf den Klimawandel zurückführen lässt, zeigt sich der Klimawandel jedoch in der Häufung der Wetterextreme.
Rufe nach wirksamer weltweiter Klimapolitik
Jetzt hat die Internationale Energieagentur (IEA) ein detailliert ausgearbeitetes Dekarbonisierungsszenario für die Weltwirtschaft vorgelegt (Net Zero by 2050 – Analysis - IEA) Darin wird der konsequente weltweite Ausbau von erneuerbaren Energien, Elektromobilität, klimaneutralen Gebäuden sowie der Wasserstoffwirtschaft gefordert. Geld für eine zusätzliche Förderung von Kohle, Gas und Öl ab sofort soll keines mehr ausgegeben werden. Nur so kann die Erderwärmung auf 1,5°Celsius begrenzt werden.
Vom Saulus zum Paulus
Besonders bemerkenswert sind diese Forderungen, weil die IEA noch vor 15 Jahren dazu aufgerufen hatte, mehr Öl zu fördern, da Öl knapp werden würde. Swisscanto geht davon aus, dass die aktuelle IAE-Roadmap beim Klimagipfel COP 26 (ukcop26.org) im November 2021 seitens der Politik viel Beachtung bekommen und breit diskutiert werden wird.
Die Roadmap der Internationalen Energieagentur
Das vorgelegte Dekarbonisierungsszenario verfolgt das Ziel, bis zum Jahr 2050 Netto-CO2-Neutralität zu erreichen. Die nach Einschätzung der IEA notwendigen Massnahmen sind der nachfolgenden Grafik der IEA zu entnehmen.
Meilensteine des Dekarbonisierugsplans der Internationalen Energieagentur (IEA)
- Ab sofort, also 2021 sollen keine weiteren Zulassungen neuer Kohlekraftwerke, Erdölförderungen und Erdgasförderungen mehr erfolgen. Die Ära der fossilen Energienutzung muss gemäss dem Plan der IEA in absehbarer Zeit zu Ende gehen.
- Ab 2025 sollen keine Heizungsanlagen mehr verkauft werden, die fossile Energieträger nutzen. Geheizt werden soll zukünftig in weit grösserem Umfang mit Strom via Wärmepumpen.
- Ab 2030 sollen alle neugebauten Häuser klimaneutral beheizt bzw. gekühlt werden. Zusätzlich sollen im Jahr 2030 60% der verkauften Autos E-Autos sein. Ausserdem sollen 1020 Gigawatt an Wind und Sonnenenergie jährlich zugebaut werden. Das ist viermal mehr als heute.
- Im Jahr 2035 müssen laut Dekarbonisierungsszenario der IEA 50% der verkauften Lkws elektrisch sein. Pkws mit Verbrennungsmotoren dürfen nicht mehr verkauft werden. Zusätzlich sollen jährlich vier Gigatonnen CO2 (von jährlich entstehenden 26 Gigatonnen CO2) gebunden und unter der Erde verpresst werden.
- Im Jahr 2040 sollen 50% aller bestehenden Gebäude klimaeffizient sein. Ausserdem sollen 50% des Treibstoffs für die Luftfahrt emissionsarm sein.
- Im Jahr 2045 sollen mehr als 400 Megatonnen Wasserstoff zur Verfügung stehen. Die Verwendung von Wasserstoff reicht von der Stahlherstellung, über synthetische Schmierstoffe bis hin zum Treibstoff für den Flugverkehr.
- Im Jahr 2050 könnte gemäss diesem Szenario – wenn alles klappt – das Ziel erreicht sein.
CO2-Preis muss steigen
Klimaökonomen ist klar, dass es ohne einen steigenden CO2-Preis nicht funktionieren wird. Hier mangelt es allerdings vielerorts noch am politischen Willen. Diese Haltung wird man sich angesichts der Dringlichkeit der Problematik nicht mehr leisten können. Die IEA unterlegt in ihrer Roadmap für das Jahr 2030 einen Preis von 120 Euro/Tonne CO2 für die Industrieländer. Heute liegen die CO2-Preise in den meisten Industrieländern weit darunter.
Investitionschancen bei klimafreundlichen Technologien
Wir werden über die nächsten Jahre engmaschig verfolgen, in welchen Regionen und Ländern welche Fortschritte gemacht werden. Unser Ziel ist es, die Entwicklung und das Wachstum von klimafreundlichen Technologien und Dienstleistungen möglichst präzise einzuschätzen. Denn auch bei der klimafreundlichen Investition geht es schlussendlich um die Frage, ob und wie profitabel das Wachstum für die Firmen sein wird.
Outperformance dank Klimaschutz über die letzten 5 Jahre
Die Produkte der Swisscanto Sustainable-Palette meiden konsequent Unternehmen mit CO2-intensiven Geschäftsmodellen in allen Sektoren sowie die zugehörigen Aktien und Obligationen. Anlagen in Unternehmen, die fossile Energieträger fördern, schliessen wir komplett aus. Im Gegenzug werden in unseren Portfolios energieeffiziente und CO2-arme Geschäftsmodelle übergewichtet. Mit dieser Ausrichtung haben unsere Sustainable-Equity-Strategien in den vergangenen fünf Jahren eine markante Mehrrendite gegenüber ihren Benchmarks erzielen können.