«Das Momentum an den Aktien­märkten ist derzeit sehr stark»

Die Aktienmärkte sind erstaunlich gut ins neue Jahr gestartet und die Aussichten für das zweite Quartal bleiben vielversprechend. René Nicolodi, Leiter Aktien- und Themeninvestments, nennt im Gespräch mit Martin Spieler Anlagechancen und erklärt, was die gute Stimmung an den Börsen trüben könnte.

René Nicolodi in der Sendung «Geld» vom 26. März 2024 (Quelle: CH Media/Tele M1)

Martin Spieler: Welche Bilanz ziehen Sie nach dem ersten Börsenquartal?

René Nicolodi: Wir haben anfangs Jahr zwar mit steigenden Aktienkursen gerechnet, aber das Ausmass hat uns doch überrascht. In den USA hat einmal mehr der Tech­nologie­sektor stark zugelegt, angetrieben vom Hype um künstliche Intelligenz. Die US-Aktien erreichten seit Jahresbeginn ein Plus von mehr als 7 Prozent. Euro­päische Aktien haussierten gut 5 Prozent. Grund für das Kursfeuerwerk war eine Kombi­nation aus unerwartet guter Konjunktur, robusten Unternehmensgewinnen und Zinssenkungserwartungen.

Sind denn die Zinssenkungserwartungen gerechtfertigt?

Zur Überraschung vieler hat die Schweizerische Nationalbank im März als erste westliche Zentralbank den Zinssenkungszyklus eingeleitet. Wir erwarten, dass andere Zentralbanken, namentlich die amerikanische Fed, die EZB oder die Bank of England nun im Sommer nachziehen werden – vorausgesetzt, die Inflationswerte sinken weiter.

Ist denn die Inflation in den USA und Europa überwunden?

Der grosse Inflationsschock liegt definitiv hinter uns. Die Inflationserwartungen in den USA notieren derzeit bei gut 3 Prozent und in Europa bei 2,6 Prozent und damit deutlich niedriger als noch vor einem Jahr. Mit diesem Rückgang ist der erste Schritt geschafft. Der zweite Schritt, nämlich das Erreichen und Halten der 2-Prozent-Marke, ist deutlich schwieriger.

Wie beurteilen Sie die Aussichten für Anlegerinnen und Anleger im zweiten Börsenquartal?

Das Momentum an den Aktienmärkten ist derzeit sehr stark. Die Unternehmens­gewinne zeigen sich erstaunlich robust. Wir glauben, dass diese Rallye durchaus bis in den Sommer hinein anhalten kann. Allerdings hängt viel an der Inflations­entwicklung. Sollte die Inflation wider Erwarten noch oben drehen, dürften sich die Zinssenkungserwartungen nicht erfüllen. Dies würde die Unsicherheit an den teilweise hoch bewerteten Aktienmärkten sicherlich erhöhen.

Wie sieht es mit anderen Anlageklassen wie Obligationen aus?

Obligationen und darunter insbesondere Staatsanleihen gehören bei diesen Renditeniveaus in ein ausgewogenes Portfolio. Dies gilt vor allem für US-Staatsanleihen. Angesichts der guten Konjunktur und der hohen Verschuldung könnten die Zinsen in den Vereinigten Staaten tendenziell höher bleiben. Bei Unternehmensanleihen sind wir aufgrund der hohen Bewertungen vorsichtiger.

Wo orten Sie im zweiten Quartal weitere Anlagechancen?

Zum Beispiel beim Gold. Der Preis pro Feinunze liegt zwar auf einem Allzeithoch. Wir stellen aber eine grosse Nachfrage seitens der Zentralbanken fest, was den Preis weiter nach oben treiben könnte. Wir glauben auch, dass das positive Momentum bei den US-Technologietiteln anhalten könnte. Chancen sehen wir auch beim japanischen Yen, dem australischen Dollar und der norwegischen Krone.

 

Dieses Interview wurde erstmals in leicht veränderter Form in der Sendung «Geld» vom 26. März 2024 auf Tele 1, Tele M1 und TVO ausgestrahlt.

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Anlagestrategie Aktien