Wer ist besser für die Börse: Kamala Harris oder Donald Trump?

Anlegerinnen und Anleger erlebten bisher ein sehr gutes Börsenjahr 2024, sagt René Nicolodi, Leiter Equity & Themes im Asset Management der Zürcher Kantonalbank. Nun erklärt er, welche Positionierung für das letzte Quartal, das auch von den US-Präsidentschaftswahlen geprägt ist, erfolgversprechend sein könnte.

Interview mit René Nicolodi

René Nicolodi, Leiter Equity & Themes im Asset Management der Zürcher Kantonalbank, in der Sendung «Geld» (Quelle: CH Media/TVO)

Martin Spieler: Die ersten Neun Monate sind nun vorbei – wie zufrieden sind Sie mit dem Börsenjahr 2024?

René Nicolodi: Wir können sehr zufrieden sein. Ein gemischtes Portfolio hat bis Mitte September etwa zu 8% rentiert. Dazu beigetragen haben sowohl die starken Aktien­märkte als auch die sinkenden Renditen von Obligationen. Auf längere Frist besehen haben Anlegerinnen und Anleger damit das Schreckensjahr 2022, das sehr hohe inflationsbedingte Verluste bei Aktien wie auch bei Anleihen nach sich gezogen hatte, nun beinahe ausgeglichen.

Ein wichtiges Thema sowohl für Konsumentinnen und Konsumenten wie auch für Anlegerinnen und Anleger ist die Inflation. Wird sich diese noch weiter zurückbilden?

Das ist zu erwarten. Es ist allerdings zu unterscheiden zwischen den Preisen von Gütern und jenen von Dienstleistungen. Bei den Gütern beobachten wir eine Abschwächung der Wirtschaft, der Wachstumsmotor China stottert weiterhin. Dies drückt die Teuerungsraten nach unten. Bei den Dienstleistungen dürfte sich die Inflationen hartnäckiger halten, da die Preise in diesem Sektor von der Verwaltung festgelegt werden, so beispielsweise im öffentlichen Verkehr oder in der Pflege.

Im August und September kam es zu Korrekturen an den Märkten, die teilweise wieder aufgeholt wurden. Der Börsenmonat Oktober gilt generell als schwierig. Wie sind denn die Aussichten für Anlegerinnen und Anleger bis Ende Jahr?

Historisch betrachtet ist eher der September ein Problemmonat an der Börse, während sich die restlichen Monate des Jahres in der Regel als gut erweisen. Nun hat die US-Notenbank Fed als letzte der grossen Zentralbanken die Zinsen gesenkt, und gleichzeitig sehen wir eine abnehmende Gewinndynamik bei den Schwergewichten aus dem amerikanischen Technologie-Sektor. Da lohnt es allenfalls, sich auf das Jahres­ende hin etwas defensiver zu positionieren.

Die US-Präsidentschaftswahlen rücken näher. Wer ist besser für die Börse: die Demokratin Kamala Harris oder der Republikaner Donald Trump? 

Wir glauben, dass die Bedeutung der US-Präsidentschaftswahlen für die Börsenkurse invers proportional ist mit der medialen Abdeckung. Will heissen: eigentlich nicht so relevant. Dies zeigen auch Studien: Selbst wenn die gleiche Partei die Präsidentschaft und die Mehrheit im Kongress erobert, sehen wir keine grossen Bewegungen. Was aber beide Kandidaten vereint, ist die Aussicht, dass ihre Wahl eine höhere Staats­verschuldung nach sich ziehen könnte.

Was würde dies für die Aktienkurse und den Dollar bedeuten?

Die Auswirkungen wären wohl nicht allzu gross. Wenn wir uns die Aktien genauer anschauen, verschieben sich die Schwerpunkte zwischen den einzelnen Sektoren. 2016 liess sich nach dem republikanischen Sieg beobachten, dass Energie und Grund­stoffe profitierten. Gewinnen die Demokraten, wäre eher mit steigenden Kursen bei erneuerbaren Energien und Versorgern zu rechnen. Mit Blick auf höhere Staats­schulden sind wir bei Obligationen und beim Dollar eher kritisch.

Konkret: Wie sollen sich Investorinnen und Investoren positionieren mit Blick auf das letzte Quartal 2024?

Aufseiten der Obligationen vielleicht mit einer Diversifikation in Staatsanleihen ausserhalb der USA, beispielsweise in Papiere aus der Eurozone, wo die Zins­entwicklung tendenziell nach unten zeigt. Auch Schwellenländer-Anleihen profitieren in der Regel von sinkenden Zinsen. Bei den Aktien empfiehlt sich eine defensive Positionierung in Sektoren wie Pharma und Versorger. Auf der Regionen­seite wäre natürlich der Schweizer Markt zu nennen, aber auch Gross­britannien als Diversifikation zu den USA, sowie Schwellenland-Titel. Der Franken hat derweil eine hohe Aufwertung erlebt, entsprechend könnte sich eine höhere Fremd­währungs­quote im Euro und Dollar anbieten.

 

Dieses Interview wurde erstmals in leicht abgeänderter Form in der Sendung «Geld» vom 4. Oktober 2024 auf Tele 1, Tele M1 und TVO ausgestrahlt.