Schweizer Pensionskassen: Starke Rendite und stabile Zukunftsaussichten
Die Schweizer Pensionskassen verzeichneten 2023 ein bemerkenswertes Jahr mit einer Nettorendite von über fünf Prozent. Ist nun mit einer Erhöhung des Umwandlungssatzes zu rechnen? René Nicolodi äussert sich im Gespräch mit Martin Spieler zurückhaltend und erklärt, womit eher zu rechnen ist.
Martin Spieler: Laut der aktuellen Schweizer Pensionskassenstudie war 2023 ein guter Jahrgang für die hiesigen Vorsorgeeinrichtungen. Wie gut geht es den Kassen tatsächlich?
René Nicolodi: Die Schweizer Pensionskassen sind grossmehrheitlich fit. 2023 wurde eine Nettorendite von über fünf Prozent erzielt. Das ist deutlich mehr als der langjährige Schnitt von 3,5 Prozent. Entsprechend haben sie die Deckungsgrade erholt – sowohl bei privatrechtlichen als auch öffentlich-rechtlichen Kassen.
Die Börsen haben zu diesem guten Ergebnis beigetragen. Wie widerstandsfähig sind aber die Pensionskassen, wenn es an den Börsen wieder bergab geht?
Wie gesagt, sind in diesem Zusammenhang die Deckungsgrade wichtig. Diese sind auch im ersten Quartal des laufenden Jahres erneut gestiegen. Gleichzeitig konnten auch die Wertschwankungsreserven, die notwendig sind, um Marktschwankungen abzufedern, gut geäufnet werden. Diese beiden Elemente zusammen bilden ein gutes Polster für schwierigere Zeiten. Wichtig ist auch die Gewichtung der Anlageklassen. In der Vergangenheit haben sich beispielsweise Alternative Anlagen und Immobilien als gute Stützen in schlechteren Börsenjahren erwiesen.
Der Studie ist auch zu entnehmen, dass der Leistungsabbau gestoppt ist. Ist nun mit einer Stabilisierung des Umwandlungssatzes zu rechnen?
Bis 2029 rechnen wir mit einem gegenüber heute leicht tieferen durchschnittlichen Umwandlungssatz von rund 5,2 Prozent. Was danach kommt, ist schwierig vorauszusagen. Wenn sich die Lebenserwartung nicht drastisch verändert und sich die Anlagemärkte weiterhin stabil entwickeln, dürfte die Talsohle erreicht sein. Flächendeckende, garantierte Leistungsverbesserungen, etwa über einen höheren Umwandlungssatz, sind aber nicht zu erwarten. Wir gehen eher von punktuellen Leistungsverbesserungen aus.
Die durchschnittliche Rendite liegt zwar deutlich über dem langjährigen Durchschnitt. Dennoch gibt es erhebliche Renditedifferenzen zwischen den Kassen. Woran liegt das?
Positiv ist, dass die Streuung der Renditen 2023 deutlich geringer war als im schwierigen Börsenjahr 2022. Gleichzeigt stellen wir fest, dass der Renditeunterschied im Schnitt rund sechs Prozent beträgt. Die guten Kassen haben acht Prozent Nettorendite erwirtschaftet, die schlechteren zwei Prozent. Letztlich erklärt sich die Differenz durch die Gewichtung der Anlageklassen. Jene Kassen mit beispielsweise höheren Anteilen in ausländischen Aktien, Infrastrukturanlagen, Immobilien und Alternativen Anlagen haben besser abgeschnitten.
Unterschiedliche Anlagestrategien implizieren auch unterschiedliche Risiken, welche die Versicherten tragen müssen. Worin bestehen diese Risiken genau?
Risikoreichere Anlagestrategien können in guten Börsenjahren eine höhere Verzinsung auf dem einbezahlten Kapital der Erwerbstätigen generieren und Rentnerinnen und Rentnern allenfalls eine Einmalzahlung bescheren. In schlechteren Börsenjahren kann sich dies jedoch ins Gegenteil verkehren.
Was kann man als angestellte Person unternehmen, wenn die Pensionskasse nicht so gut wirtschaftet?
Da es in der Schweiz keine freie Pensionskassenwahl gibt, sind die Handlungsmöglichkeiten für Erwerbstätige limitiert. Gleichzeitig empfehlen wir bei unterdurchschnittlichen Leistungen eine Begründung bei den Pensionskassen einzuholen. Bei der Jobsuche oder einem Jobwechsel ist es wichtig, den Leistungsausweis der Pensionskasse des potenziellen neuen Arbeitgebers in die Entscheidung einzubeziehen. Flexibilität besteht in der 3. Säule. Dort lohnt es sich einzuzahlen, vor allem auch aufgrund steuerlichen Vorteilen.
Dieses Interview wurde erstmals in leicht veränderter Form in der Sendung «Geld» vom 7. Juni 2024 auf Tele 1, Tele M1 und TVO ausgestrahlt.
Schweizer Pensionskassenstudie 2024
Unsere Pensionskassenstudie deckt ungefähr 500 Pensionskassen ab. Sie erfüllt eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, indem sie Erkenntnisse über den allgemeinen Gesundheitszustand der hiesigen Pensionskassen liefert. Sie orientiert über die Leistungswerte der Pensionskassen – Jahr für Jahr seit über 20 Jahren.