Stefan Zuber: «CORE war von Anfang an Teil der DNA unseres passiven Angebots»

Die IT-Plattform CORE wird gerne als das Herzstück des Asset Management der Zürcher Kantonalbank bezeichnet. Leiter Stefan Zuber war bei der Eigenentwicklung von der ersten Stunde an mit dabei. Im Interview spricht über die Anfänge der Applikation mit Indexfonds – und wie er Tech-Talente für die Mitarbeit in seinem Team begeistert.

Interview mit Stefan Zuber

Stefan Zuber erklärt, warum CORE essenziell ist für das Anlegen in passive Indexfonds
Stefan Zuber, Leiter IAS im ZKB Asset Management (Bild: ZKB)

Stefan, CORE begann vor 15 Jahren auf einem Blatt Papier. Wie war das damals?

Wir hatten den Auftrag gefasst, eine neue Applikation zu entwickeln, um die damals neu zum Angebot hinzugekommenen Indexfonds verwalten zu können. Also setzten sich Roman Maxymchuk, Martin Schwarb und ich an einen Tisch und entwarfen auf einem leeren Blatt Papier das erste Datenmodell dieser Applikation. Die Tabellen und Begriffe, die wir damals zu Papier brachten, sind geblieben – heute sind sie fest verankert im Sprachgebrauch des ZKB Asset Management.

Und wusstet ihr schon, dass das neue System CORE heissen muss?

Auch das legten wir damals fest. Der Name sollte auf das im Asset Management bei der Portfolio-Konstruktion gebräuchliche Core-Satellite-Konzept verweisen, wo die Indexlösungen typischerweise als Core gelten. Insofern ist CORE von Anfang Teil der DNA unserer passiven Angebotspalette gewesen. Skalierbarkeit, Effizienz und Sicherheit – alles Anforderungen, die für passive Anlageprodukte entscheidend sind – sind bis heute bestimmende Eigenschaften der Applikation.

Die Indexlösungen markieren aber nur den Startpunkt eines stetigen Ausbaus: CORE ist heute die integrale Portfolio-Management-Plattform für das ganze ZKB Asset Management. Wie hat dein Team es geschafft, auch noch die Satelliten – also alle die aktiven Anlagelösungen – zu integrieren?

Der grosse Boost in diese Richtung kam mit der Übernahme von Swisscanto im Jahr 2015. Bei der Übernahme von Swisscanto wurde die Entscheidung, auf CORE als die Applikation für das gesamte Asset Management zu setzen, nochmals bestätigt. Alle bestehenden aktiven Portfolios sowie die neuen Swisscanto-Produkte wurden auf CORE migriert, und die fehlenden Funktionalitäten wurden gebaut. Seither haben wir stets versucht, das Beste der beiden Welten des aktiven und passiven Anlegens abzubilden. Kurz vor dieser Zeit hat uns die Leitung des ZKB Asset Management unter Iwan Deplazes bereits damit beauftragt, die System-, Services- und Prozess­verantwortung für das gesamte Asset Management in einem neu zu schaffenden Bereich zusammenzufassen und neu aufzustellen. Um dem gerecht zu werden, gründeten wir damals den neuen Bereich Systems & Services mit den drei heute noch bestehenden Teams Prozesse, Plattform und Services.

Stefan Zuber erklärt, warum CORE essenziell ist für das Anlegen in passive Indexfonds

Wir alle sind CORE. Das macht uns stark

Stefan Zuber, Leiter IAS

Das liegt nun ein Jahrzehnt zurück. Wie stark ist die Plattform seither gewachsen?

Wir betreuen gegenüber dem Jahr 2013 eindrückliche fünfmal mehr Portfolios, folgen fünfmal mehr Benchmarks, zählen dreimal mehr Nutzer und führen achtmal mehr Trades aus. Im Jahr 2010 zählte unser Team drei Business Engineers und fünf Entwickler. Heute arbeiten hier zwölf Business Engineers, 26 Entwicklerinnen und Entwickler sowie zwölf Personen, welche die Plattform inhaltlich betreiben und für die Rechnungsstellung sowie für die Produktion der mittlerweile jährlich über 17'000 Reports verantwortlich sind.

Die IT-Plattform CORE in Zahlen

Quelle: ZKB

Inzwischen wird das System gerne als Herzstück des Anlageprozesses von Swisscanto beschrieben. Wo und wie werden die Portfoliomanagerinnen und -manager vom System unterstützt?

CORE stellt den Portfoliomanagerinnen und -managern eine stets aktualisierte Sicht auf ihre Portfolios zur Verfügung, das sogenannte Daily Portfolio. Diese Sicht beinhaltet unter anderem aktuelle Positionen und Risiko- und Strukturanalysen, welche direkt gegenüber externen und internen Anlagerestriktionen gemessen werden. Diese Anlagerestriktions-Kontrolle beinhaltet auch ein Frühwarnsystem, um potenzielle Verletzungen frühzeitig zu erkennen. Zusammen mit der sehr hohen Datenqualität, die wir mit unserem integrierten Data Quality Framework und den CORE Data Managern aus dem Services Team täglich sicherstellen, verfügen Portfolio­managerinnen und -manager jederzeit eine solide Datengrundlage für ihre nächsten Investitionsentscheidungen.

Portfoliomanagerinnen und -manager stehen also im Zentrum?

Komplexe Datenkonstellationen brauchen die Nähe zu den Fachbereichen, wie dem Portfoliomanagement oder den Produktspezialistinnen und -spezialisten. Nur dank dieser Nähe und der einzigartigen Zusammenarbeit können wir gemeinsam den sehr hohen Datenqualitätsansprüchen gerecht werden. Die jährliche verschwindend tiefe Misstrade Rate bestätigt unser Vorgehen. Wir alle sind CORE, lautet unser Verständnis. Das macht uns stark.

CORE ist demnach ein wichtiges Instrument zur Risikokontrolle.

Absolut, und diese Funktionen waren schon von Beginn weg Teil des Systems. Mit dem Aufbau unseres eigenständigen Risikomanagement-Bereichs sind noch sehr viele Kontroll-Funktionen – etwa das Stresstesting von verschiedenen Risikoszenarien – hinzugekommen.

CORE: Herzstück im Anlageprozess des ZKB Asset Management

Quelle: ZKB

Doch bevor das Portfoliomanagement überhaupt mit einem Trade ins Risiko geht, kann es diesen auf CORE sozusagen im Trockenen üben, richtig?

Genau, dafür gibt es in CORE den sogenannten Rebalance Case. Dieses Modul beinhaltet verschiedene Optimierungs- und Simulationsfunktionen. Damit lässt sich vorgängig durchspielen, wie ein Portfolio nach einem Trade aussähe und ob allenfalls Anlage­restriktionen verletzt würden. Wenn die Simulation zur Zufriedenheit ausfällt, kann der effektive Trade im Trade-Order-Management-Modul ausgelöst werden. In diesem Modul verfügen wir über eine direkte FIX-Schnittstelle zum Trading Desk. Über diese stellen wir sicher, dass die Portfolio­managerinnen und -manager eine real-time Übersicht über den Zustand seiner Orders und deren Ausführungen haben. Mit den Pre- und Post-Trade Analysen unterstützt dieses Modul die Portfolio­managerinnen und -manager ausserdem bei der Definition der passenden Handels­strategien und bei der Überprüfung der Ausführungen.

Für die Portfoliomanagerinnen und -manager im ZKB Asset Management heisst das demnach, dass sie frühmorgens mit CORE aufstehen und sich abends mit CORE schlafen legen?

(Lacht) Es ist schon so, dass als eine der ersten Handlungen am Arbeitstag CORE aufgeschaltet wird. Mittlerweile können die Portfoliomanagerinnen und -manager nicht mehr ohne das System handeln. Und sie dürfen es auch nicht. Jeder Trade muss zwingend über CORE laufen.

Und wie schlägt sich dieses Streamlining in der Qualität und der Effizienz des Anlageprozesses wieder?

Früher gab es beispielsweise zahlreiche unterschiedliche Wege, um Order beim Trading Desk zu platzieren. Heute hingegen bietet CORE für nahezu alle Wertpapiere standardisierte Schnittstellen. Dies hat nicht nur auf der Seite des Asset Managements zu einer erheblichen Steigerung der Qualität und Effizienz geführt, sondern auch im Handel und in der Abwicklung. Dank CORE haben wir kein fragmentiertes System mehr; es deckt den gesamten Anlageprozess ab.

Du hast die wichtige Schnittstelle zum ZKB-Handelsdesk erwähnt. Wie stark ist CORE mittlerweile in der Gesamtbank vernetzt?

Die Plattform weist derzeit über 45 Schnittstellen innerhalb und ausserhalb der ZKB auf. Neben dem Handel ist die Anbindung an die Depotbank sowie an die Swisscanto Fondsbuchhaltung von grosser Bedeutung.

Stefan Zuber erklärt, warum CORE essenziell ist für das Anlegen in passive Indexfonds

CORE ist ein Allein­stellungs­merkmal für das ZKB Asset Management

Stefan Zuber, Leiter IAS

Schweizer Mittbewerber setzen für ihre Investmentprozesse oftmals auf externe Angebote, auch als solche aus dem Ausland. Was sind denn die Vorteile der selbstentwickelten Lösung?

Mit der selbstentwickelten IT-Lösung haben wir uns einen entscheidenden Wettbewerbs­vorteil geschaffen. Das ZKB Asset Management besetzt hierzulande eine einzigartige Position, eben weil es seine gesamte IT-Plattform eigenständig und vollumfänglich in der Schweiz entwickelt hat. Dadurch wird Kompetenz demonstriert und das Image der ZKB als professionelle Asset Managerin im Markt gestärkt. Der Schritt hin zu einer proprietären Lösung erforderte Mut und grosses Vertrauen in unser Team, welches diese Vision umgesetzt hat. Dass wir auf die richtige Karte gesetzt haben, zeigt sich nun in der gemeinsam geschriebenen Erfolgs­geschichte von CORE.

Doch inwiefern kommt der Sonderweg mit der Plattform der Kundenseite zugute?

CORE ist ein Allein­stellungs­merkmal für das ZKB Asset Management – indem wir eine eigene Plattform von dieser Komplexität umsetzen und betreiben können, unter­stützen wir die Wahrnehmung der ZKB als professionelle Asset Managerin am Markt. Das kommt bei Due-Diligence-Verfahren immer wieder sehr gut an bei Kundinnen und Kunden, stellen wir fest. Am meisten profitieren diese von der dank des Systems erreichten Qualität.

Stichwort Cloud: Wo speichert ihr alle die Daten, die CORE tagtäglich produziert?

Alle Daten sind in der Schweiz und in der Standard-Infrastruktur der ZKB gespeichert. Auf diese Weise profitieren wir unter anderem von den IT-Sicherheits­standards der Gesamtbank. Dieser Schutz hat heute mehr denn je einen hohen Stellenwert.

Zu den hauseigenen Innovationen von CORE zählt der 2024 lancierte Sustainalyzer – ein Tool, dass die Bewertung von Wertschriften nach Nachhaltigkeits-Kriterien erlaubt. Wie seid ihr damit gestartet?

Sehr gut. Mit dem Sustainalyzer schaffen wir im Asset Management eine benutzer­freundliche Anwendung, mit der wir Nach­haltigkeits­daten und -wissen der Gesamt­bank zur Verfügung stellen können. Dies mittels Service sowie einem User Interface, das die Daten ansprechend und einfach verständlich aufbereitet. Derzeit können Nutzerinnen und Nutzer mit dem Sustainalyzer diverse Nachhaltigkeits­aspekte von Unternehmen und Staaten analysieren. Ab Mitte Jahr wird es dank dem Portfolio-Analyse-Modul auch möglich sein, ganze Portfolios zu analysieren. Wir entwickeln derzeit eine Schnittstelle zur Anbindung der Daten aus den Bereichen Investment Solutions und Strukturierten Produkten und integrieren das Fondssplitting diverser Drittfonds.

Was versprecht ihr euch davon?

Diese Erweiterungen ermöglichen es den genannten Bereichen, ihre Portfolios inklusive des Splittings von Swisscanto- und Drittfonds anhand der gleichen Daten und Kriterien wie das Asset Management zu analysieren. Mit diesem Schritt schaffen wir eine weitere wichtige Grundlage für die in der Nachhaltigkeits-Roadmap unserer Bank verankerte Harmonisierung der Nachhaltigkeit im Anlagegeschäft.

Um eine Applikation wie CORE aufzubauen, braucht es ganz andere Stellenprofile, als im Asset Management klassischerweise anzutreffen sind. Wie findet ihr diese Expertise – und wie setzt ihr euch an Stellenmarkt gegenüber Google & Co. durch?

Wir sind sehr erfolgreich darin, die richtigen Talente anzuziehen. Die Suche dauert zwar manchmal etwas, aber wenn wir jemand Passenden gefunden haben, können wir diese Person in den allermeisten Fällen verpflichten. So wie wir aktuell aufgestellt sind, vereinen wir im Team junge, topmotivierte Mitarbeitende mit höchst erfahrenen Seniors – und der Spirit ist sensationell. Nur schon deshalb komme ich jeden Tag gerne zur Arbeit.

Mit welchem Argument kannst du im Bewerbungsprozess am meisten punkten?

Ich finde, wir verströmen mit CORE innerhalb einer Grossbank doch ein wenig Startup-Groove. Wir können extrem viel mitgestalten und sind unmittelbar mit dem Produkt verbunden: Diese Nähe fördert die Identifikation und ist meiner Meinung nach sehr sinnstiftend. Das versuche ich jeweils im Bewerbungs­prozess zu vermitteln. Ein weiteres schlagendes Argument ist selbstverständlich, dass die ZKB eine hervorragende Arbeitgeberin ist.