«Wer länger lebt, muss finanziell mehr und besser vorsorgen»

Der Trend «Gesundes Altern» oder «Healthy Longevity» betrifft immer mehr Branchen und verspricht viel Wachstum. Aber nicht alle Unternehmen profitieren gleich. Anlegerinnen und Anleger sollten aufpassen, nicht auf unseriöse Versprechen hereinzufallen. Iwan Deplazes erklärt, welche Sektoren zu den Gewinnern zählen dürften und wie man in diesen Trend investieren kann.

Interview mit Iwan Deplazes

Iwan Deplazes, Leiter Asset Management der Zürcher Kantonalbank, in der Sendung «Geld» (Quelle: CH Media/TVO)

Martin Spieler: Der Wunsch nach einem gesunden und langen Leben - auch Healthy Longevity genannt -, ist vor allem in den USA ein Megatrend. Welchen Einfluss hat er auf die Wirtschaft?

Iwan Deplazes: Der Einfluss nimmt zu, einfach, weil der Wunsch nach einem langen und gesunden Leben immer stärker wird. Der Grundstein dafür wird bereits in jungen Jahren gelegt, indem man auf seine Ernährung achtet oder regelmässig Sport treibt. Dieser Trend umfasst dadurch ein breites Spektrum an Branchen. Entsprechend gross ist der wirtschaftliche Effekt.

Wenn Menschen älter werden, ändern sich auch ihre Bedürfnisse. Welche Branchen profitieren davon am meisten?

Allen voran der Gesundheits- und Pharmasektor im Allgemeinen und die Präventivmedizin im Speziellen. Profitieren dürften auch Hersteller von medizinischen Geräten, die Vitalfunktionen aufzeichnen. Hinzu kommen Unternehmen aus der Nahrungsmittelbranche, die sich auf die Herstellung gesunder Lebensmittel spezialisiert haben. Die Finanzindustrie ist ebenfalls ein Teil von Healthy Longevity: Denn wer länger lebt, muss finanziell mehr und besser vorsorgen.

Die Schweiz gehört zu den wichtigsten Pharma- und Biotech-Standorten der Welt, mit Grosskonzernen, aber auch nicht kotieren Unternehmen. Zählen Sie alle zu den Gewinnern?

Nein, definitiv nicht. Der Wachstumstrend Healthy Longevity hat zwar weltweit eine Art Goldgräberstimmung ausgelöst. Infolgedessen entstehen viele spannende Entwicklungen. Allerdings wird sich nur ein Bruchteil davon effektiv durchsetzen können.

Wachstumstrends schaffen Chancen für Anlegerinnen und Anleger. Gleichzeitig steigt auch die Gefahr, auf Scharlatane hereinzufallen

Dem ist sicher so. Ein Wachstumstrend zieht immer unterschiedliche Akteure an. Darunter gibt es solche mit hehren Absichten, aber auch unseriöse Anbieter. Deshalb bedarf es einer knallharten Analyse der Geschäftsideen und -modelle hinsichtlich ihrer Einzigartigkeit und Durchsetzungsfähigkeit am Markt. Auch die finanzielle Gesundheit der Unternehmen muss auf den Prüfstand gestellt werden.

Wie können Privatanlegerinnen und -anleger in seriöse Unternehmen investieren?

Eine Option ist es, sich selbst intensiv mit den Firmen zu beschäftigen und zu versuchen, die «Guten» von den «Schlechten» zu unterscheiden. Oder man investiert in ein Kollektivvehikel, in einen Anlagefonds, wo professionelle Teams die Selektion übernehmen. Wir haben selbst kürzlich einen Themenfonds zum Wachstumstrend Healthy Longevity lanciert.

Themenfonds bieten eine gute Diversifikation. Inwieweit besteht die Gefahr, dass Anlegerinnen und Anleger gleichwohl starken Kursschwankungen ausgesetzt sind?

Diese Gefahr besteht. Doch die Schwankungen können noch viel stärker ausfallen, wenn man in Einzeltitel investiert. Der Grund liegt darin, dass Geschäftsmodelle zum Teil sehr schnell überholt sein können. Das Thema Langlebigkeit ist aus unserer Sicht kein vorübergehender Hype, sondern wird uns über einen längeren Zeitraum begleiten. Schwankungen werden auch bei diesem Trend dazugehören, aber vermutlich nicht so ausgeprägt wie bei anderen Trends.

Dieses Interview wurde erstmals in leicht abgeänderter Form in der Sendung «Geld» vom 20. September 2024 auf Tele 1, Tele M1 und TVO ausgestrahlt.

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